Ciao Mamma
Zur Einzelausstellung Ciao Mamma, Galerie Jochen Hempel, 2018
In der Ausstellung Ciao Mamma vollzieht die Düsseldorfer Künstlerin Katja Tönnissen eine Parade des Transits und reduzierter Beschaulichkeit. Dabei sind ihre Arbeiten ironische Dokumente des Übergangs, die in ihrer Form und Farbigkeit keine finale Gestalt annehmen wollen und trotzig auf der Schwelle verharren.
In Ciao Mamma verkürzt Tönnissen bewusst komplexe Phänomene und tradierte Symbole wie Palmen, Brunnen und Vögel zu poppigen Icons. Das Verfahren der Reduktion wendet sie ebenfalls auf kitschige Landschaftsszenarien an. Tönnissen bricht gekonnt mit der Romantik, um sie in aller Einfachheit zu präsentieren. Was von einer idyllischen Landschaft des Niederrheins oder Israels übrig bleibt, ist eine rote Sonne oder ein stark abstrahierter Sonnenuntergang, der weiterhin auf seine atmosphärische Aura beharrt. Ihre Lampenschirme werden zum Bildträger, auf dem das Ineinanderlaufen ihres Farbauftrags den natürlichen Wechsel von Licht und Farbe binnen Minuten simuliert. In den Keramikglasuren wird das Ineinderschleichen von Farbe nochmals gesteigert. Katja Tönnissen erschafft mit ihrer bewussten Nähe zu Designobjekten eine „Demokratisierung der Idylle“ – einen privaten Zugang zum Sonnenuntergang.
Trotz ihrer unmittelbaren Lesbarkeit und Symbolhaftigkeit entstehen Tönnissens Objekte durch langwierige, traditionelle bildhauerische Herstellungstechniken wie Bronze oder Keramik. Das plötzliche „Auf-poppen” des Symbols widerspricht der Komplexität und Dauer seiner Herstellung. Neben Sonnenuntergängen gilt ihr Interesse Palmengewächsen. Der Symbolgehalt der Palme durchlief historisch einer ikonografischen Veränderung. In antiken und religiösen Schriften als Zeichen des Sieges, Friedens oder Symbol des Martyriums etabliert, verändert sich seine Bedeutung zum gegenwärtigen, populären Symbol der Tropen, zum floralen Ornament und Klischee jeder Urlaubserfahrung, das durch Social-Media-Kanäle prosperiert. Wie der Sonnenuntergang fungiert auch die Palme als Projektionsfläche eines guten Lebens, außerhalb der hiesigen Lebensrealität.
Sowohl auf inhaltlicher als auch auf formaler Ebene zelebriert Katja Tönnissen den Verlauf – ein eskapistisches und sehnsüchtiges Hineinreichen in andere Bereiche zwischen Heimat und Ferne, Einfachheit und Komplexität sowie Tradition und Innovation.
Katja Tönnissen wurde 1982 in Kleve geboren und lebt und arbeitet in Düsseldorf. Sie studierte zunächst Bildende Kunst an der Universität Dortmund bei Prof. Bettina van Haaren und Prof. Jan Kolata. 2009 folgte ein Studium der Freien Kunst bei Prof. Andreas Schulze und Analia Saban an der Kunstakademie Düsseldorf. Dort erhielt Sie 2013 den Meisterbrief von Prof. Andreas Schulze und absolvierte 2015 mit dem Akademiebrief.
Text: Katharina Klang